Lohnt sich ein zweiter Stromzähler?

Viele Haushalte in Österreich, insbesondere in Städten und Ballungsräumen, haben mehr als nur einen Stromzähler – klassischerweise für den Elektroboiler oder eine Nachtspeicherheizung. Diese Geräte hängen häufig an einem sogenannten unterbrechbaren Zähler oder Zusatzzähler, für den ein eigener Tarif gilt.
Doch dieser zweite Zähler verursacht laufende Fixkosten. Gleichzeitig verändern sich die Stromtarife rasant. Viele Energieanbieter haben gar keine speziellen Nachtstromtarife mehr, da sich durch die Energiewende und den Ausbau von Photovoltaikanlagen die Netzlasten verschoben haben.
Heute ist Nachtstrom nicht mehr automatisch günstiger – vor allem dann nicht, wenn tagsüber die Sonne scheint und viel Solarstrom ins Netz eingespeist wird. Also stellt sich die Frage: Lohnt sich ein zweiter Zähler heute überhaupt noch?
📖 Inhaltsverzeichnis
Warum gibt es einen zweiten Zähler?
Ursprünglich wurden zweite Zähler eingeführt, um steuerbare Großverbraucher – etwa Boiler oder Speicherheizungen – vom Haushaltsstrom zu trennen. Der Netzbetreiber konnte diese Geräte zeitweise abschalten, meist tagsüber, um das Stromnetz zu entlasten.
Im Gegenzug erhielten Kund:innen vergünstigte Arbeitspreise über niedrigere Netzentgelte. Besonders bei Nachtstromtarifen sprach man vom sogenannten Niedertarif (NT), während der übrige Strom über den Hochtarif (HT) lief – im Volksmund als Nachttarif bekannt.
Diese Modelle existieren teilweise noch, doch ihr Nutzen hängt heute stark vom individuellen Verbrauch, den Fixkosten und der Tarifstruktur ab.
Welche Kosten entstehen für den zweiten Zähler?
Ein zusätzlicher Zähler ist nicht gratis. Neben der eigentlichen Strommenge fallen auch Fixkosten pro Jahr an – sowohl vom Netzbetreiber als auch vom Energieversorger.
Typische Kostenpunkte
| Position | Beschreibung | Typische Kosten |
|---|---|---|
| Grundgebühr zweiter Stromvertrag | Zweiter Vertrag bzw. zweiter Zählpunkt (bei manchen Anbietern kostenlos) | 0 – 60 € |
| Messpreis / Zählergebühr | Für Messung und Abrechnung durch den Netzbetreiber | 14,40 € |
| Erneuerbaren-Förderpauschale | Gesetzliche Abgabe pro Zählpunkt | 22,82 € (2025) |
| Schaltbefehle / Tarifschaltuhr | Steuerung des Zählers, z. B. bei Nachtstrom | 8 – 25 € |
In Summe ergeben sich jährliche Zusatzkosten von etwa 45 – 100 € (inkl. MwSt.).
Unterschiedliche Vergünstigungen in den Bundesländern
Wie stark sich ein unterbrechbarer Zähler lohnt, hängt wesentlich davon ab, wie hoch die Netzentgelt-Vergünstigung im jeweiligen Bundesland ist. Diese variiert deutlich, da die Netzbetreiber eigene Preisblätter haben.
Laut den 2025 veröffentlichten Netzentgelten für Netzebene 7 (Haushalte) ergibt sich folgende Spanne:
Vergünstigungen nach Bundesländern
| Bundesland / Region | Vergünstigung für unterbrechbare Zähler (netto, ct/kWh) |
|---|---|
| Burgenland | 2,77 |
| Kärnten | 4,41 |
| Klagenfurt | 2,76 |
| Niederösterreich | 2,00 |
| Oberösterreich | 2,59 |
| Linz | 0,43 |
| Salzburg | 3,54 |
| Steiermark | 3,66 |
| Graz | 1,53 |
| Tirol | 0,64 |
| Innsbruck | 3,77 |
| Vorarlberg | 1,20 |
| Wien | 3,39 |
| Kleinwalsertal | 10,37 |
Man sieht: In manchen Regionen (z. B. Kärnten oder Wien) kann sich die Vergünstigung deutlich stärker auswirken als in Tirol oder Linz, wo der Unterschied gering ist. Das bedeutet: Die Wirtschaftlichkeit eines zweiten Zählers hängt nicht nur vom Verbrauch, sondern auch stark vom Wohnort ab.
Beispiel: Ab wann lohnt sich der zweite Zähler?
Für Innsbruck (Netzebene 7) gelten aktuell folgende Werte (inkl. MwSt):
- Erneuerbaren-Förderpauschale: 22,82 € / Jahr
- Messpreis (Grundgebühr): 14,40 € / Jahr
- Schaltbefehle: 8,80 € / Jahr
- Gesamt-Fixkosten: 46,02 € / Jahr
- Hohe Vergünstigung für unterbrechbare Leistung Innsbruck: 4.52 ct/kWh
🧮 Berechnung:
Verbrauch = 46,02 € ÷ 0,0452 €/kWh = 1.017 kWh
👉 Ergebnis: Trotz der in Innsbruck für Österreich hohen Vergünstigung lohnt sich der zweite Zähler erst ab 1.017 kWh Jahresverbrauch – darunter fressen die jährlichen Fixkosten die Ersparnis auf.
Rechnet man mit einem typischen Warmwasserboiler und einem Verbrauch von 1.500 kWh pro Jahr, bleiben gerade einmal 1–2 € Ersparnis pro Monat.
Sonderfall Wärmepumpe
Bei Wärmepumpen ist die Situation etwas anders: Sie verbrauchen meist mehrere tausend Kilowattstunden pro Jahr und laufen vor allem im Winter, wenn die Strompreise bei dynamischen Tarifen tendenziell höher sind.
In diesen Fällen kann ein Fix- oder Flat-Tarif wirtschaftlich attraktiver sein, da er vor winterlichen Preisspitzen schützt. Ein zweiter Zähler mit einem speziellen Wärmepumpentarif kann also weiterhin sinnvoll sein – insbesondere, wenn der Energieversorger stabile oder gedeckelte Preise anbietet.
Die Alternative: Ein Zählpunkt mit smarter Steuerung
Immer mehr Energieanbieter setzen auf dynamische Stromtarife, bei denen sich der Preis stündlich oder viertelstündlich nach den Börsenpreisen richtet.
Eine weitere Option sind Erneuerbare-Energiegemeinschaften. In diesen EEGs können Haushalte zu günstigeren Konditionen Strom von Photovoltaikanlagen in der Nachbarschaft beziehen. Dieser Vorteil gilt jedoch nur während den Sonnenstunden wenn genug Solarstrom zur Verfügung steht. Auch hier muss der Verbrauch dementsprechend angepasst werden.
⚡ Kombiniert man solche dynamischen Tarife mit einer intelligenten Steuerung, lassen sich Verbraucher automatisch in die günstigsten Stunden verschieben. So kann man auch ohne zweiten Zähler von niedrigen Preisen profitieren.
Smarte Systeme berücksichtigen zudem PV-Überschüsse, Netzlasten oder Wetterprognosen und maximieren so den Eigenverbrauch und die Kosteneffizienz.
Der Trend: Alles wird dynamischer
Die E-Control hat angekündigt, dass ab 2026 die Netzgebühren in den Sommermonaten tagsüber günstiger werden sollen, um den hohen Solarstromüberschuss besser zu nutzen.
Das zeigt klar, wohin die Entwicklung geht:
- Netzgebühren und Strompreise werden künftig zeitabhängig
- Die Abrechnung erfolgt über Smart Meter
- Dynamisches Verbrauchsverhalten wird belohnt und zur neuen Normalität
Damit wandelt sich das System grundlegend: Statt starrer Nachtstrommodelle entstehen flexible, zeitabhängige Preisstrukturen, die mit einer intelligenten Steuerung genutzt werden können.
Fazit
Wenn der Jahresverbrauch deutlich über 3000 kWh liegt, wie bei einer Wärmepumpe, kann sich ein zweiter Zähler mit Flat- oder Wärmepumpentarif weiterhin lohnen.
Bei klassischen Warmwasserboilern ist man dagegen meist besser beraten, alles über einen Zähler zu führen und auf dynamische Tarife oder Energiegemeinschaften zu setzen.
So bleibt man flexibel, kann Tarife wechseln, smarte Steuerungen nutzen und ist optimal auf die Zukunft vorbereitet.
Wer auf einen einzigen Zähler umstellt, spart Fixkosten, kann auf zeitabhängige Preise reagieren und profitiert langfristig von der zunehmenden Dynamisierung des Energiesystems.
Es lohnt sich also, sich mit dem Thema zu beschäftigen – und im Zweifelsfall einmal konkret durchzurechnen, welche Variante langfristig günstiger ist.
💡 Kurz gesagt:
Je höher der Verbrauch und je größer die regionale Vergünstigung, desto eher kann sich ein zweiter Zähler rechnen.
Je dynamischer das Stromsystem wird, desto mehr spricht für eine Einzählerstrategie mit smarter Steuerung.
Weiterführende Informationen
Hier findest du weitere nützliche Ressourcen: